Das Buch der Richter beginnt mit der Beschreibung, wie sich die Israeliten an die Einnahme des Landes Kanaan machen. Was aber so gut anfängt, geht ziemlich schnell den Bach runter. Wobei auch schon der Anfang nicht wirklich gut ist.
Gott sagt zu den Israeliten: „Juda soll hinaufziehen. Siehe, ich habe das Land in seine Hand gegeben.“ (V.2) Juda soll als größter und stärkster Stamm vorangehen und seiner Leiterrolle gerecht werden. Aber stattdessen bitten sie den Stamm Simeon um Hilfe (V.3). Sie zeigen damit, dass sie Gottes Versprechen, dass er bereits das Land in ihre Hand gegeben hat, nicht wirklich vertrauen. Diese halbherzige Nachfolge zieht sich durch alle Stämme: Juda vertreibt nicht die Philister aus der Ebene am Mittelmeer, „weil sie eiserne Wagen hatten.“ Ihre Feinde haben einen technologischen Vorteil, also nimmt man es mit so einem Gegner gar nicht erst auf. Der „gesunde Menschenverstand“ steht höher als Gehorsam gegen Gott. Das Haus Josef (d. i. der Stamm Ephraim) schließt einen Bund mit einer kanaanäischen Familie. Der Stamm Manasse vertreibt nicht die Kanaaniter, sondern macht sie zu Zwangsarbeitern. Warum sollte man auch jemand vertreiben, den man auch unterdrücken und für sich arbeiten lassen kann? Bequemlichkeit steht höher als Gehorsam gegen Gott. Asser und Naftali gehen sogar noch weiter und gehen sofort jedem Kampf aus dem Weg und siedeln sich einfach direkt neben den Einwohnern des Landes an. Am Ende zeigen die gottlosen Völker mehr Ehrgeiz als die Israeliten, denn sie „vermochten“ (oder „setzten alles daran“) im Land zu bleiben (V.27+35).
In dieser recht allgemein gehaltenen Beschreibung der Landeinnahme sticht der Fokus auf eine einzelne Familie heraus. In V.12-20 sehen wir Kaleb und seine Familie, die einen positiven Kontrast zum Rest des Volkes darstellen. Kaleb war mit Josua der einzige aus der Generation, die damals noch mit aus Ägypten ausgezogen sind; diese beiden waren die einzigen, die Gott vertrauten und deshalb nun auch ins Land Kanaan kamen. Dieser Kaleb will seine Tochter dem Mann geben, der die Stadt Kirjat-Sefer einnimmt. Er will einen Mann für seine Tochter, der genauso mutig und im Vertrauen auf Gottes Zusagen handelt wie er selbst. Sein Neffe Otniel erweist sich als dieser Mann des mutigen Glaubens. Und auch seine Tochter Achsa zeigt diese Art von Vertrauen. Sie will von ihrem Vater neben dem dürren Land auch noch Wasserquellen und zeigt damit ihre Absicht, sich langfristig in diesem Land niederlassen und den Segen des Landes genießen zu wollen. Selbst der hochbetagte Kaleb (in Josua 14,10 ist er 85 Jahre alt) wird nochmal aktiv und vertreibt die Riesen aus der Stadt Hebron. Er und seine Familie zeigen Nachfolge von ganzem Herzen, anstatt den halbherzigen Versuchen ihrer Landsleute. „Wahre Nachfolge ist radikal und geht Risiken ein, denn wahre Nachfolger verlassen sich auf Gott, dass er seine Versprechen, sie zu segnen, einhält, anstatt auf ihre eigenen Instinkte, Pläne und Versicherungen zu vertrauen.“1Timothy Keller, Judges For You, Kindle Edition.
Und so stellt Richter 1 auch uns die Frage: Folgen wir Gott mit ganzem Herzen und mutig nach, weil er bereits unseren Sieg gesichert hat oder vertrauen wir auf unsere eigene Stärke und Fähigkeiten?
Gebet: Vater, du hast gesagt, dass deine Kraft in meiner Schwachheit sichtbar wird (2Kor 12,9). Aber so oft versuche ich, aus eigener Kraft und eigenen Leistungen meine Ziele zu erreichen. Mach mir wieder neu klar, dass meine Kraft mich nicht retten konnte, aber dass ich durch deinen Sieg schon jetzt mutig leben kann. Amen.
Fußnoten
- 1Timothy Keller, Judges For You, Kindle Edition.