Richter 2 beginnt noch einmal mit dem Tod von Josua. Warum? Dieses Kapitel ist sozusagen eine zweite Schleife in der Einleitung zu den Richtern. In Kapitel 1 haben wir gesehen, dass die Israeliten darin versagten, die Kanaaniter aus dem Land zu vertreiben. Kapitel 2 zeigt uns nun, warum sie das nicht konnten.
Nachdem Josua und seine Generation gestorben war, kam eine neue Generation auf, „die den HERRN nicht kannte und auch nicht das Werk, das er für Israel getan hatte.“ Die Folge war, dass sie „taten …, was böse war in den Augen des HERRN“ (V.10-11). Stattdessen fingen sie an, neben Gott auch den Göttern des Landes zu dienen. Die Israeliten brachen ihren Bund mit Gott, und auch wenn sie ihn nicht komplett verließen, war er für sie jetzt nur noch ein Gott unter vielen. Es ist höchst interessant, wie Gott diesen Götzendienst beschreibt. In V.17 steht, sie „hurten anderen Göttern nach“ – Israel beging geistlichen Ehebruch. Die Bibel sagt an vielen Stellen, dass Götzendienst letztendlich Ehebruch ist, man bricht den Bund mit Gott. Anderen Göttern nachzulaufen, selbst wenn man dabei noch irgendwie auch an Gott glaubt, ist so, wie wenn man zwar verheiratet ist, aber nebenbei immer wieder verschiedene Affären hat, um seine Bedürfnisse zu stillen. Wir – im Deutschland des 21. Jahrhunderts – stehen zwar kaum in der Gefahr, Berg-, Regen-, Feld- und Fruchtbarkeitsgötter anzubeten, so wie die Israeliten. Das heißt aber nicht, dass wir keine Götter haben, wir haben sie nur gegen andere ausgetauscht. Auch wir beten irgendetwas an, von dem wir uns Freude, Glück und Erfüllung erhoffen. Selbst wenn du Christ bist, wirst du immer wieder versucht sein, neben Jesus dich anderen Dingen zuzuwenden, von denen du dir Sinn und Zweck fürs Leben suchst. Vielleicht ist Anerkennung dein Gott, dass du von anderen bewundert werden willst. Oder finanzielle Sicherheit. Oder der Status, der mit viel Geld und einem guten Job daher kommt. Oder deine Kinder, die deinem Leben Sinn geben sollen. Wegen dieser Götzen vertreibt Gott die Kanaaniter nicht mehr aus dem Land (V.20-23). Und genauso kann es wegen der Götzen in deinem Leben sein, dass du Gottes Segen und Gegenwart nicht erlebst. Die traurige Ironie der Geschichte ist: Die Götter, denen sich die Israeliten zuwenden, versklaven sie und sind am Ende verantwortlich für all das Leid, das den Israeliten widerfährt. Das Gleiche gilt für uns: Wenn wir uns von Gott ab- und uns anderen kleinen Göttern zuwenden, werden diese uns zuerst versklaven und danach ins Leid stürzen. Ein ziemlich schlechter Tausch.
Die Generation nach Josua kannte Gott nicht mehr so wie ihre Eltern. Deshalb wandten sie sich so schnell von ihm ab. Was können wir nun tun, um unseren Glauben gut an die nächste Generation weiterzugeben? Einfach zu hoffen, dass unsere Kinder schon irgendwie glauben werden, ist zu wenig und wird nur zu Enttäuschung führen. Zuerst müssen wir an unserer eigenen Gottesbeziehung arbeiten. Wie können nur dann das Feuer weitergeben, wenn es in uns selbst brennt. Wir müssen darauf bedacht sein, den „HERRN zu lieben aus ganzem Herzen und ganzer Seele und ganzer Kraft“ (5Mo 6,5). Und dann müssen wir diese Liebe an die nächste Generation weitergeben. „Du sollst sie deinen Kindern einschärfen, und du sollst davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt und wenn du auf dem Weg gehst, wenn du dich hinlegst und wenn du aufstehst.“ (V.7) Die Rede ist davon, dass unser Glaube unser gesamtes Leben prägt und wir im Alltag unseren Kindern von unserem Glauben erzählen und ihn vorleben. Eine Studie1Gervais et al, The Origins of Religious Disbelief: A Dual Inheritance Approach, in: Social Psychological and Personality Science 12 (2021), 1369–1379. hat ergeben, dass der Hauptgrund, warum religiöse Heranwachsende ihren Glauben aufgeben, das Fehlen von glaubhaften Vorbildern ist. Wenn wir also bestmögliche Voraussetzungen schaffen wollen, dass die nächste Generation an Gott glaubt, müssen wir ihnen jetzt den Glauben auf ehrliche, bedeutungsvolle, lebensnahe und attraktive Art vorleben.
Die meisten Christen verlassen sich auf Institutionen und formale Unterweisung, um „den Glauben weiterzugeben“. Wir denken, wenn wir unsere Kinder in der richtigen Lehre unterrichten, sie vor unmoralischem Verhalten bewahren und sie in kirchliche und religiöse Organisationen einbinden, dann haben wir alles getan, was wir können. Aber Heranwachsende werden nicht nur durch schlechte Beispiele abgeschreckt, sondern auch durch Eltern, die keine Ahnung von dem Leben und der Welt haben, in der ihre Kinder leben, oder die nicht offen über ihr eigenes geistliches Leben sprechen können.2Timothy Keller, Judges For You, Kindle Version.
Gebet: Vater, du siehst, wie ich immer wieder andere kleine Götter neben dir in mein Leben lasse und mir von ihnen das erhoffe, was doch nur du schenken kannst. Bitte vergib mir meine wiederholte Untreue dir gegenüber und erneuere in mir ein Herz, das dich ganz liebt und das diese Liebe an die nächste Generation weitergibt.
Fußnoten
- 1Gervais et al, The Origins of Religious Disbelief: A Dual Inheritance Approach, in: Social Psychological and Personality Science 12 (2021), 1369–1379.
- 2Timothy Keller, Judges For You, Kindle Version.