Bibelleseplan, 02.10.2024: Richter 3

Ich habe als Jugendlicher die Geschichte von dem Richter Ehud immer gemocht. Wahrscheinlich, weil ich auch Linkshänder bin. Heute ist es für uns nicht weiter bemerkenswert, wenn jemand ein Linkshänder ist. Aber noch bis vor wenigen Jahrzehnten war es auch noch in unserem Land die gesellschaftliche Norm, die rechte Hand als dominante Hand zu verwenden. Auch heute noch gilt in vielen Ländern die rechte Hand als rein und die linke als unrein. Damals zur Zeit Israels war das nicht anders. Immer wieder lesen wir in der Bibel von der rechten Hand: Gott schwört bei seiner rechten Hand, er ergreift dich bei deiner rechten Hand usw.

Umso erstaunlicher ist es nun, dass Gott hier einen Linkshänder als Retter für sein Volk aussucht. Das als „Linkshänder“ übersetzte Wort heißt wörtlich „an der rechten Hand gehemmt“. Also war Ehud vielleicht einfach gezwungenermaßen ein Linkshänder, weil seine rechte Hand gehandicapt war. Das wäre für uns schon schlimm genug, aber in einer Gesellschaft, in der die rechte Hand die ehrenvolle ist, ist so ein Handicap nicht nur schändlich, sondern es macht dich in den Augen der Leute nutzlos. Aber genau so einen Menschen wählt sich Gott, um sein Volk zu befreien. Und seine Schwäche wird zum ungeahnten Vorteil. Ehud macht sich ein zweischneidiges Schwert und gürtet es, versteckt unter seinem Gewand, an seine rechte Hüfte. Rechtshänder würden ihr Schwert an der linken Seite tragen. Da das die Norm ist, würde ein Schwert an der typischen Stelle sofort auffallen. Da Ehud aber sein Schwert auf der anderen Körperseite trägt und physisch eingeschränkt ist, kommt niemand auf den Gedanken, dass von ihm irgendeine Gefahr ausgehen könnte. Deshalb hat er auch die Möglichkeit, allein – ohne dass irgendwelche Diener und Wächter dabei sind – mit König Eglon zu reden (V.19–20). Weil niemand einen Angriff von einem gehandicapten Mann erwarten würde, bekommt Ehud die Möglichkeit, den Unterdrücker seines Volkes zu töten. Eben weil er schwach und in den Augen aller nutzlos ist, kann Gott ihn gebrauchen.

Gott gebraucht gern die Schwachen und Verachteten, um mit ihnen zu arbeiten. Was für eine tolle Nachricht für uns! Wir denken oft, dass unsere Fehler und Schwächen uns nutzlos für den Dienst für Gott machen. Dass wir unser Leben erst auf die Reihe bekommen und stark sein müssen, damit Gott uns gebrauchen kann. Aber er arbeitet gern mit den Schwachen, denn in unserer Schwachheit kommt seine Kraft und Stärke viel deutlicher zur Geltung (2Kor 12,9-10). Paulus schreibt in 1. Korinther 1,26–31, dass Gott gerade die Schwachen und Unedlen erwählt hat, um die menschlichen Denkkategorien auf den Kopf zu stellen und aller Welt deutlich zu machen, dass es nicht auf unsere Kraft ankommt und wir uns nichts auf unsere Leistung einbilden können, sondern stattdessen Gott die Ehre geben. Dass Gott so handelt, sollte uns nicht überraschen. Schließlich hat er sich dazu entschieden, uns durch den Skandal des grausamen und unehrenvollen Todes am Kreuz zu erretten; durch Jesus, der „keine Gestalt und keine Pracht“ hatte, „kein Aussehen, dass wir Gefallen an ihm gefunden hätten“, „verachtet“ und „wie einer, vor dem man das Gesicht verbirgt“ (Jes 53,2–3).

Gebet: Vater, so oft denke ich gleich wie die Welt um mich herum und fokussiere mich auf meine Kraft, meine Stärken und Leistungen. Du aber willst deine große Kraft in meiner Schwachheit zeigen. Hilf mir, mich „meiner Schwachheiten zu rühmen, damit die Kraft Christi bei mir wohnt“ (2Kor 12,9), damit die Menschen nicht auf mich und meine Leistungen sehen, sondern auf dich und deine Größe. Amen.

Nach oben scrollen