In Richter 4 begegnen wir einem einmaligen Phänomen in diesem Buch: Die Rettung Israels vor seinen Feinden erfolgt durch ein Gemeinschaftsprojekt. Die drei Richter davor und auch alle anderen noch folgenden sind die alleinigen Helden: Sie gehen allein los, um das Böse zu bekämpfen, oder sie versammeln das Volk hinter sich, um sie in den Kampf gegen die Feinde anzuführen und diese zu besiegen. Hier aber gibt es keinen klaren Helden.
Zuerst haben wir Debora, die sowohl eine Prophetin als auch eine Richterin ist. Sie ist die einzige Person, die dem Namen „Richter“ gerecht wird: Zu ihr kommt das Volk mit seinen Streitigkeiten und sie spricht Recht. Offensichtlich ist sie eine extrem weise und auch gottesfürchtige Frau, die eine herausragende Stellung im Volk einnimmt. „Sie führte durch Weisheit und Charakter, statt durch bloße Macht. … Sie kommt dem göttlichen Leiter des Volkes am nächsten, anstatt einfach nur ein General zu sein. Sie war eine Richterin, die über das Schlachtfeld hinaus führte.“1Timothy Keller, Judges For You, Kindle Version. Sie führt jedoch nicht das Volk in den Kampf gegen seine Unterdrücker, sondern in ihrer Rolle als Prophetin gibt sie den göttlichen Auftrag an Barak weiter. Der führt zwar die Israeliten als Heerführer in den Kampf. Jedoch besiegt er nicht den hauptsächlichen Aggressor, den grausamen Heerobersten Sisera, der das Volk „mit Gewalt gequält“ (V.3) hatte. Diesen Triumph erlangt eine weitere Frau, Jael. Es sind also insgesamt drei Personen, die einen jeweils entscheidenden Anteil daran haben, dass Israel von seinen Bedrängern befreit wird. Das macht deutlich: Niemand kann die Ehre für die Befreiung für sich beanspruchen, am Ende kann nur Gott dafür geehrt und gepriesen werden.
Das Gleiche gilt auch für uns: In unserer Gesellschaft sind wir sehr darauf bedacht, dass unsere Leistungen gesehen werden und wir die angemessene Anerkennung dafür bekommen. Wenn wir aber ehrlich sind, dann haben wir gar nicht so viel Grund, uns unsere Leistungen selbst zuzuschreiben. Wie Paulus in 1. Korinther 4,7 schreibt: „Ist nicht alles, was du hast, ein Geschenk Gottes? Wenn es dir aber geschenkt wurde, warum prahlst du dann damit, als hättest du es dir selbst zu verdanken?“ Was hast du dafür getan, zu dieser Zeit in einem der modernsten Länder der Erde geboren worden zu sein? Welchen Anteil hast du an deiner natürlichen Intelligenz, Auffassungsgabe und deinen Begabungen? Genauso gilt es im geistlichen Bereich: Wir können uns auf unsere geistlichen Erfolge – dass ein Mensch sich im Gespräch mit uns bekehrt, dass unsere Gottesdienste so gut besucht sind, dass die Predigt so ansprechend war, … – nichts einbilden. Denn niemand von uns kann sich das allein zuschreiben. Wir alle arbeiten zusammen, jeder an seinem Platz, jeder mit seiner von Gott gegebenen Aufgabe. Nochmal Paulus: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber hat das Wachstum geschenkt. Auf wen kommt es denn nun an? Doch nicht auf den, der pflanzt, oder auf den, der begießt, sondern auf den, der das Wachstum schenkt, auf Gott.“ (1Kor 3,6-7) Anstatt unsere Ehre zu suchen, sollten wir uns die demütige Haltung unseres Herrn Jesus Christus aneignen, „der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein. Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an … und erniedrigte sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod“ (Phil 2,5-8).
Gebet: Vater, ich danke dir für die befreiende Nachricht, dass ich nicht allein alles schaffen muss, sondern dass du uns als Gemeinde zusammengestellt hast, um gemeinsam an deinem Reich zu arbeiten. Jesus, bitte bewahre mich vor falschen Stolz und Verbissenheit, indem du dich mir immer wieder als der demütige und dienende Herr zeigst, der nicht seine eigene Ehre und Vorteil gesucht hat. Amen.
Fußnoten
- 1Timothy Keller, Judges For You, Kindle Version.