Bibelleseplan, 04.10.2024: Richter 5

Richter 5 beschreibt noch einmal das gleiche Ereignis, das wir schon gestern in Kapitel 4 gelesen haben. Warum? Gestern wurde der Kampf von Debora und Barak mit Sisera als historisches Ereignis geschildert. Jetzt wird der Kampf poetisch geschildert, es ist das Siegeslied von Debora und Barak. (Dasselbe findet man auch in 2Mo 14–15: Zuerst wird der Zug der Israeliten durch das Schilfmeer und die Vernichtung der ägyptischen Streitmacht beschrieben und anschließend das gleiche Ereignis nochmal als Lied geschildert.) Dieses Lied betrachtet das gleiche Ereignis aus einer ganz anderen Perspektive, der theologischen. Während in der Schilderung der Befreiung in Kapitel 4 der Name Gottes („HERR“) nur fünfmal erwähnt wird, kommt er in Kapitel 5 immer wieder (insgesamt 14-mal) vor. Das Lied wirft also einen Blick hinter den Vorhang und stellt die Rolle Gottes hinter den Ereignissen aus Kapitel 4 heraus. Es macht deutlich, warum alle Ehre für den Sieg allein Gott gehört anstatt Debora, Barak oder Jael (V.2–3).

Letztendlich war es nämlich Gott, der zum Kampf auszog, der vor den israelischen Kriegern herging (4,14). Die Verse 4 und 19–22 machen deutlich, wie Barak den Sieg über eine technologisch weit überlegene Armee erringen konnte. Dafür muss man sich ein bisschen mit der Geografie des Kampfplatzes auskennen. Deshalb ist hier ein Ausschnitt aus der Karte Kanaans mit den Bewegungen der Heere (Sisera in rot; Barak in grün) und den wichtigen Orten.

Der Kampf fand am Bach Kischon statt (4,13; 5,21). Gott aber ließ es stark regnen (V.4), sodass der Bach übermäßig anschwoll und die Feinde „wegriss“ (V.21) bzw. die Kampfwagen unschädlich machte. Und Gott selbst war es auch, der Debora und Barak den Befehl gab, das israelische Heer auf dem Berg Tabor zusammenzuziehen (4,6). Und Gott es war es, der dafür sorgte, dass Sisera mit seinen Wagen ihnen entlang des Baches entgegenkam (4,7). Gott hatte also von Anfang bis Ende seine Finger im Spiel; was aus menschlicher Perspektive wie ein einfacher Kampf mit unerwarteten Wetterphänomenen zu Gunsten Israels aussieht, ist in Wahrheit Gottes Handeln und Eingreifen zur Rettung seines Volkes.

Das Lied erinnert uns daran, dass auch unsere Geschichte mehr ist als das, was wir mit unseren Augen sehen. Hinter allem, was wir tun und was wir erlebt haben, steckt Gottes Hand. Wir brauchen nicht nur eine „Richter 4-Perspektive“ auf unser Leben, sondern auch eine „Richter 5-Perspektive“. Eine „Richter 5-Perspektive“ ist auf Gott ausgerichtet, sie sucht sein Handeln in unseren Leben, sie ehrt ihn für sein Wirken und ist von Lob und Dankbarkeit geprägt. So eine Perspektive bewahrt uns einerseits davor, uns selbst zu wichtig zu nehmen, und andererseits hilft sie uns, auch mit Leid und Schwierigkeiten gut umzugehen und nicht daran zu verzweifeln.

Gebet: Vater, ich vergesse dich so schnell in meinem Alltag und sehe nur, was vor Augen ist. Öffne meine Augen und mein Herz für dein Wirken in meinem Leben und in unserer Welt, damit ich dir die Ehre gebe, die dir zusteht, und nicht in meinen Schwierigkeiten verzweifle. Amen.

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