Auf der Suche nach dem Willen Gottes

Hast du dir schon mal den berühmten „Zettel vom Himmel“ gewünscht? Du standest vor einer Entscheidung und hattest keine Ahnung, welche Richtung die richtige ist? Ich kenne diese Situation sehr gut. Und ich mag sie gar nicht. Ich bin ein sehr gewissenhafter Mensch und wenn ich mich entscheide, dann will ich mir auch sicher sein. Nur leider funktionierte das oft nicht so wie gewünscht. Eine Restunsicherheit ist immer geblieben. Und manchmal waren mehr Fakten unbekannt als bekannt. Wie soll ich denn da wissen, was richtig ist? Einfach aufs Geradewohl loslaufen fühlte sich so falsch an. Viel zu großes Risiko. Manchmal geht es mir jetzt immer noch so. Ich glaube, früher oder später kommt jeder von uns einmal an so einen Punkt im Leben. Grad in der Lebensphase, wo man langsam erwachsen wird, wimmelt es nur so vor lauter strategischen und hochgradig lebensbeeinflussenden Entscheidungen. Soll ich heiraten? Wenn ja, wen soll ich heiraten? Soll ich studieren oder eine Ausbildung machen? Wenn studieren, welchen der 7.931 verfügbaren Bachelor-Studiengänge in Deutschland soll ich wählen? An welcher Uni soll ich studieren? Oder doch lieber erstmal ein Überbrückungsjahr? Wenn ja, FSJ, BFD oder Ausland? In welchen Arbeitskreis in der Gemeinde soll ich mich einbringen? Bei welcher Firma soll ich mich bewerben? Soll ich bei der aktuellen Firma bleiben? …
Kein Wunder, dass wir uns angesichts dieser unglaublichen Wahlmöglichkeiten schwer tun, eine Entscheidung zu treffen. Nicht nur, dass wir total überwältigt sind angesichts der Fülle von Alternativen. Als Christen wollen wir ja auch sichergehen, dass wir Gottes Willen für unser Leben tun.

Genau für solche Leute hat Kevin DeYoung ein kurzes Buch mit dem treffenden Titel Leg einfach los! geschrieben. Darin will er Christen, und vor allem der jüngeren Generation, eine Hilfestellung geben gute Entscheidungen zu treffen.

Bei der Suche nach dem Willen Gottes startet DeYoung bei dem, was wir gesichert wissen können und arbeitet sich von da aus weiter vor. Und so stellt er zu Beginn fest, dass Gottes Wille bereits offenbart ist, und zwar in der Bibel. Dabei unterscheidet er zwischen dem souveränen und dem moralischen Willen Gottes. Der souveräne Wille tritt sicher ein. Niemand kann ihn verhindern. Zum Beispiel ist es unumstößlich, dass Jesus einmal wieder auf diese Erde kommt und sie erneuert. Oder dass alle echten Christen bis zum Ende durchhalten werden und in der neuen Welt als vollkommene Menschen leben. Der moralische Wille Gottes gilt genauso für jeden Menschen. Dazu gehört zum Beispiel, dass Gott will, dass alle Menschen umkehren. Oder dass wir keine anderen Götter neben ihm haben und ihn und unseren Nächsten lieben wie uns selbst. Jedoch hängt hier die Erfüllung des Willens von der Entscheidung des Menschen ab.

Im Gegensatz dazu meinen wir, wenn wir Gottes Willen erkennen wollen, meist seinen individuellen Willen für unser Leben. Also, was hat Gott ganz konkret mit mir vor? Und hier verpasst der Autor allen Hoffnungen auf den „Zettel vom Himmel“ oder anders geartete Offenbarungsakte einen gewaltigen Dämpfer: Es gibt keinen individuellen Willen Gottes für dein Leben! DeYoung schreibt:

Wagen wir doch einmal zu überlegen: Vielleicht haben wir deshalb Schwierigkeiten damit, Gottes wundervollen Plan für unser Leben herauszufinden, weil er in Wirklichkeit gar nicht die Absicht hat, uns tatsächlich einen genauen Plan mitzuteilen. Und vielleicht liegen wir falsch darin, dennoch genau das von ihm zu erwarten. (S. 15)

Das ist nicht die Antwort, die ich hören will! Aber eigentlich ist sie logisch. Wie soll ich denn Gottes ganz speziellen Willen für mich aus der Bibel herauslesen, wenn sie gleichermaßen für alle Menschen gültig ist, jedes Leben jedoch individuell und unterschiedlich? DeYoung führt aus, dass unsere Suche nicht nur fehlgeleitet, sondern sogar richtig schädlich für uns sein kann. Ist es möglich, dass wir so sehr nach Gottes Willen für unser Leben suchen, weil wir uns das perfekte Leben wünschen, sozusagen den Himmel auf Erden? Unter anderem sieht er das Problem darin (und ich muss mich in diesem Punkt schuldig bekennen), dass wir uns gern hinter dem „Willen Gottes“ verstecken und uns vor unserer Verantwortung drücken. Wir wollen selbst keine Entscheidung treffen und schieben die Suche nach dem Willen Gottes als Ausrede für unsere Passivität vor.

Wenn wir wissen wollen, was Gott von uns will, müssen wir unbedingt in der Bibel nachschauen. Sie ist die einzig zuverlässige Offenbarung Gottes. Jedes andere Reden Gottes ist unsicherer. In der Bibel ist an einigen Stellen vom Willen Gottes für uns Christen die Rede. Und er will, dass wir Christus immer ähnlicher werden. Dass wir Leben führen, die immer geheiligter aussehen, die von Dank, Freude und Anbetung geprägt sind. Das ist der Rahmen, den Gott uns gibt. In allen anderen nicht-moralischen Bereichen haben wir eine bemerkenswerte Freiheit. Gott gibt uns also den Rahmen für Entscheidungen vor, aber er trifft sie nicht für uns. Wir stehen in der Verantwortung, unsere eigenen Entscheidungen zu treffen.

Wir sollen Entscheidungen auf Basis unseres „geheiligten Menschenverstandes“ (S. 68) treffen. Geheiligt, indem wir Christus immer ähnlicher werden. Indem wir „zuerst nach Gottes Reich und seiner Gerechtigkeit“ trachten (Mt 6,33). Das sind sozusagen die Leitplanken, der Rahmen. Und innerhalb dieses Rahmens sollen wir unseren gottgegebenen Menschenverstand benutzen. Denn viele Entscheidungen drehen sich nicht um „richtig“ oder „falsch“. Wenn wir auf Gott ausgerichtet sind, sind viele Entscheidungen zwischen zwei guten Dingen zu treffen. Und das ist eine Sache der Weisheit. Um einen weisen Verstand zu bekommen, ist es erstens essentiell, dass man beständig Bibel liest. Wie schon gesagt, das ist die zuverlässigste Offenbarung und Stimme Gottes. In ihr spricht Gott selbst durch den Heiligen Geist zu uns. Zweitens sollten wir uns Rat von Freunden holen. Schließlich sind Christen keine Einzelkämpfer und ein objektiver Blick von außen kann oft sehr hilfreich sein. Und drittens sollten wir viel beten. Nur weil Gott keinen speziellen Willen für unser Leben hat, heißt das nicht, dass er uns manchmal in bestimmte Richtungen führt. Er wünscht sich, dass wir mit ihm über unsere Fragen und Entscheidungen reden und ihn um Weisheit bitten.

Wer sich eine einfache Antwort auf die Frage wünscht, was denn Gottes Wille für sein Leben ist, der wird in diesem Buch absolut fündig. Man muss jedoch damit rechnen, dass die Antwort nicht gerade die ist, die man sich erhofft hat. Ich zum Beispiel hatte mir eigentlich durch die Lektüre gewünscht, mehr Klarheit für eine bestimmte Entscheidung zu bekommen. Und ich wurde enttäuscht. Das Buch hat mir die Entscheidung nicht abgenommen. Aber dafür hat es mich herausgefordert, nah an Gott dranzubleiben, ihn beständig zu suchen und meinen Verstand zu gebrauchen. Egal wie alt du bist, Entscheidungen musst du immer treffen. Dieses Buch hilft dir dabei. Und lässt sich auch noch schnell und leicht lesen. Deshalb empfehle ich es wärmstens.


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