Er ist wahrhaftig auferstanden (4): Alternativen zur Auferstehung (2)

Am Kreuz starb ein Anderer

Eine Theorie, die heute noch von vielen Menschen vertreten wird, ist die, dass anstelle von Jesus ein anderer Mensch am Kreuz starb. Und wenn Jesus nicht gestorben ist, dann gibt es eine ganz einfache Erklärung für die „Auferstehung“. Diese Sicht ist vor allem im Islam weit verbreitet. Der Koran kommentiert die Meinung, die Juden hätten Jesus getötet:

Sie haben ihn aber nicht getötet, und sie haben ihn nicht gekreuzigt, sondern es erschien ihnen eine ihm ähnliche Gestalt. (Sure 4,157)

Laut Koran fand also von allen unbemerkt ein Tausch oder eine Verwechslung statt. Erklärt diese Theorie die drei Indizien? Für das leere Grab hat sie keine gute Begründung, wohl aber für die Erscheinungen des Auferstandenen und die Veränderung der Jünger. Denn wenn Jesus gar nicht gestorben ist, konnte er ohne Weiteres seinen Jüngern begegnen. Und wenn diese wirklich davon überzeugt waren, dass er dort am Kreuz gestorben war, dann könnten sie seine Geschichte der „Auferstehung“ wirklich geglaubt haben und davon grundlegend verändert worden sein.

Diese Theorie bringt aber auch einige Probleme mit sich, die es mir sehr schwer machen, ihr zu glauben. Der wahrscheinlich schwerwiegendste Einwand ist, dass sie erst mit dem Islam aufkam und verbreitet wurde. Das heißt, zwischen den tatsächlichen Ereignissen und dem Aufkommen der Erklärung liegen ca. 600 Jahre! Diese Zeitspanne ist viel zu lang, um eine glaubwürdige Aussage treffen zu können. Hinzu kommt noch, dass es in dieser Zwischenzeit schon mehrere andere Erklärungen der Auferstehung gab, die sowohl zeitlich näher am Geschehen als auch glaubwürdiger waren. Die Verwechslungstheorie behauptet, alle Historiker, die in ihren Berichten vom Tod Jesu schreiben, hätten falsch gelegen. Das schließt natürlich auch alle Berichte ein, die schon viel früher als der Koran verfasst wurden (siehe Josephus, Tacitus). Diese einzelne Theorie steht im Widerspruch zur gesamten vorangegangenen Geschichtsschreibung! Schon allein aus diesem Grund sollte diese Erklärungsmöglichkeit skeptisch betrachtet werden.

Außerdem setzt diese Ansicht voraus, dass keiner der an der Kreuzigung Beteiligten und Beistehenden bemerkt haben soll, wie ein Anderer anstelle von Jesus dort am Kreuz hing. Wie ich bereits gesagt hatte, war Jesus eine Person des öffentlichen Lebens und somit weithin bekannt. Sollte tatsächlich niemand gemerkt haben, dass nicht er gekreuzigt wurde? Das Johannes-Evangelium berichtet, sowohl seine Mutter als auch der Jünger Johannes standen direkt unter dem Kreuz (Johannes 19,25-27). Jesus sprach sogar mit beiden! Ist es wirklich vorstellbar, dass die Mutter Jesu einen Fremden für ihren Sohn hält? Sicherlich wäre es möglich, wenn man die schrecklichen und aufwühlenden Umstände bedenkt. Vielleicht war ihr Blick von Tränen verschleiert und durch das emotionale Chaos konnte sie nicht alles ganz genau wahrnehmen. Aber sollen wir tatsächlich glauben, sie erkannte ihren Sohn nicht, als der mit ihr sprach und sie der Obhut seines engsten Freundes übergab? Das erscheint mir ziemlich absurd. Und letztendlich kann diese Theorie auch keine gute Begründung für das leere Grab liefern. Denn wenn jemand anderes anstelle von Jesus gestorben wäre, dann müsste der doch dort begraben liegen, während Jesus als auferstanden gefeiert wird. Oder sollte etwa der Doppelgänger auch auferstanden sein? Wenn man also eine weitere Person ins Spiel bringt, lösen sich dadurch nicht die Probleme, sondern es kommen ganz neue hinzu.

Die Auferstehung ist ein Mythos

Die letzte alternative Theorie zur Auferstehung, die ich betrachten will, spiegelt die Meinung vieler moderner aufgeklärter Menschen wider. Sie meinen, die Auferstehungsgeschichte sei das Produkt von Erzählungen, die über lange Zeit hinweg mündlich weitergegeben wurden. Und wie bei einer großen Runde „Stille Post“ ist das Endergebnis zwar recht unterhaltsam, hat aber nur noch wenig mit der Ausgangsgeschichte zu tun. Ebenso sollen die Erzählungen von Jesus in der frühen Christenheit immer weitergetragen worden sein. Mit der Zeit wären dann auch mehr und mehr fantastische Elemente hinzugekommen. Somit wurde allmählich aus dem Mensch und Lehrer Jesus der perfekte und sündlose Sohn Gottes, der den Tod besiegte und siegreich auferstand. Dieser entstandene Mythos wurde schließlich in Schriftform festgehalten.

Erklärt diese Theorie die vorhandenen Indizien der Auferstehung? Nein! Weder für das leere Grab, noch für die Erscheinungen des Auferstandenen oder die Veränderung im Leben der Jünger kann sie eine gute Erklärung bieten. Denn sie geht überhaupt nicht von einem leeren Grab aus. Was die Jünger für Erscheinungen des Auferstandenen hielten, war einfach nur eingebildet oder auch nur eine Lüge, um ihre Agenda voranzutreiben.

Die Legendentheorie geht davon aus, dass die Evangelien erst spät geschrieben wurden (80-100 n.Chr.) und dass sich in der Zwischenzeit bereits der Mythos der Auferstehung entwickelt hatte. Aber selbst wenn man von dieser späten Datierung ausgeht, ist dieser Zeitraum zu kurz für die Erfindung neuer „Tatsachen“. Denn selbst 50 bis 70 Jahre nach dem Ereignis gab es immer noch Augenzeugen, die korrigierend eingreifen konnten. Genau das gleiche Prinzip finden wir ja auch aktuell in unserer Gesellschaft: Je weiter der Zweite Weltkrieg entfernt ist, desto mehr Versuche gibt es, bestimmte Details umzudeuten und das Geschehen neu zu interpretieren. Aber immer wieder stehen die letzten verbliebenen Zeitzeugen dagegen auf, die sich gegen diese Umdeutungen wehren und sie für die Wahrheit einsetzen. Wie bereits gezeigt, berichten nicht nur die Evangelien von der Auferstehung Jesu, sondern auch die Paulusbriefe. Diese wiederum kann man innerhalb von 20 bis 30 Jahren nach der Kreuzigung datieren. Das heißt, schon nach kürzester Zeit wurde von der Tatsache der Auferstehung geschrieben. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass sich so schnell bereits eine Legende gebildet hat, die den Fakten widerspricht.

Ein weiterer Grund gegen die Glaubwürdigkeit dieser Theorie ist die für Legenden untypische Schilderung der Auferstehung. Legenden sind die Geschichten von Helden. Die eigene Sache wird als gut dargestellt und der historische Kern fantastisch ausgeschmückt und überhöht. Im krassen Gegensatz zu anderen Mythen oder Epen mit solchen Merkmalen stehen allerdings die Evangelienberichte. Das Gloriose und Heldenhafte fehlt bei ihnen. Wie schon gesagt, nennen sie ungeeignete Augenzeugen der Auferstehung, nämlich mehrere Frauen. Hätte man eine Legende gebildet, so hätte man doch glaubwürdigere Zeugen anführen können. Außerdem beinhalten die Berichte einige ziemlich peinliche Details über ihre Hauptpersonen: Maria Magdalena hält Jesus für den Gärtner, sämtliche Jünger glauben nicht an die Auferstehung und zweifeln selbst angesichts überwältigender Indizien noch daran. Zwei Jünger laufen ca. elf Kilometer zusammen mit Jesus und laden ihn am Ende zum Abendessen zu sich ein und bemerken die gesamte Zeit nicht, mit wem sie denn da gerade reden. Wer die Auferstehung als Gründungslegende einer neuen Religion mit den Jüngern als deren Vorreitern darstellen will, würde so etwas nicht schreiben. Das behindert doch die eigenen Ziele! Warum also von dem allem berichten? Weil es genauso geschehen ist. Anstatt dass wir sagen- und legendenhafte Schilderungen und Elemente in den Auferstehungsgeschichten finden, lesen wir nur nüchterne Schilderungen. Einen eindrücklichen Gegensatz dazu stellt die Geschichte im sogenannten Petrusevangelium dar, das ca. 100–150 Jahre nach der Auferstehung geschrieben wurde. Dieses beinhaltet die ausschmückenden und heldenhaften Schilderungen, die man bei einem Mythos oder einer Legende erwarten würde (V.35-42):

In der Nacht aber, in welcher der Herrntag aufleuchtete, als die Soldaten, jede Ablösung zu zweit, Wache standen, erscholl eine laute Stimme im Himmel, und sie sahen die Himmel geöffnet und zwei Männer in einem großen Lichtglanz von dort herniedersteigen und sich dem Grabe nähern. Jener Stein, der vor den Eingang des Grabes gelegt war, geriet von selbst ins Rollen und wich zur Seite, und das Grab öffnete sich, und beide Jünglinge traten ein.
Als nun jene Soldaten dies sahen, weckten sie den Hauptmann und die Ältesten – auch diese waren nämlich bei der Wache zugegen. Und während sie erzählten, was sie gesehen hatten, sehen sie wiederum drei Männer aus dem Grabe herauskommen und die zwei den einen stützen und ein Kreuz ihnen folgen und das Haupt der zwei bis zum Himmel reichen, dasjenige des von ihnen an der Hand Geführten aber die Himmel überragen. Und sie hörten eine Stimme aus den Himmeln rufen: „Hast du den Entschlafenen gepredigt?“, und es wurde vom Kreuze her die Antwort laut: „Ja.“

Hier finden wir typisch legendäre Formulierungen: Männer kommen im Lichtglanz auf die Erde, der Stein bewegt sich von selbst, die Köpfe der Männer reichen bis zum Himmel, ein laufendes und sprechendes Kreuz. Nichts davon findet man in den biblischen Auferstehungsgeschichten, obwohl es zu erwarten wäre, wenn die Auferstehung tatsächlich nur eine Legende wäre. Die frühesten Quellen lassen also die Mythostheorie sehr unwahrscheinlich und unglaubwürdig erscheinen.

Fazit

Ich habe mich nun mit fünf verschiedenen Alternativtheorien zur Auferstehung auseinandergesetzt. Es gibt sicherlich noch andere. Sie alle versuchen, die Auferstehungsbehauptungen der Jünger und das plötzliche Entstehen einer radikal andersartigen Weltanschauung zu erklären, ohne dabei von einer tatsächlichen Auferstehung auszugehen. Wenn man die biblischen Berichte ausklammert, dann kann man die eine oder andere Theorie (oder auch eine Kombination aus mehreren) durchaus plausibel finden. Bezieht jedoch die biblischen Quellen ein und nimmt sie ernst (und es lässt sich sehr gut für ihre historische Genauigkeit argumentieren), verändert sich die Sachlage entscheidend. Es reicht nämlich nicht, einfach nur alternative Theorien zur Auferstehung aufzustellen. Man muss auch dazu passende Indizien aus dem ersten Jahrhundert liefern. Erst dann können sie die biblischen Auferstehungsberichte ernsthaft infrage stellen. Aufgrund der Fülle an glaubwürdigen frühen Indizien bezeichnen viele Historiker die Kreuzigung und Auferstehung von Jesus Christus als das am besten bezeugte Ereignis der Geschichte. Deshalb gibt es auch für mich keinen Zweifel daran, dass Jesus tatsächlich von den Toten auferstanden ist und lebt!

Dennoch halten viele Menschen die Evangelienberichte für unglaubwürdig. Denn wenn man diese Berichte vergleicht, fallen schnell einige Unterschiede und anscheinende Diskrepanzen auf. Widersprechen sich die vier Evangelisten in ihren Schilderungen der Auferstehung? Dieser Frage will ich im nächsten Beitrag nachgehen.


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